News

Image

Der Einsatz von Exoskeletten soll gut vorbereitet sein

Um die Mitarbeitenden bei Tätigkeiten mit höherer physischer Belastung zu schützen, werden vermehrt Exoskelette eingesetzt. Dazu beigetragen hat die Entwicklung neuer Modelle, die sowohl leicht und genügend flexibel sind, aber auch günstiger.

Formen von Exoskeletten 

Die Modelle lassen sich dabei unterscheiden nach der Art ihrer Unterstützungsleistung. 

  • Passive Exoskelette unterstützen durch die Konstruktion und Federsysteme, indem Kraftimpulse auf andere Körperregionen umgeleitet werden und ein Teil der angewandten Kraft wieder abgegeben wird. Sie unterstützen bei leichteren Gewichten sowie bei statischen Zwangshaltungen. 
  • Aktive Exoskelette verfügen über elektrische oder pneumatische Antriebe, welche die aufgebrachte Kraftanwendung verstärken. Dadurch lassen sich schwere Gewichte mit weniger Kraftaufwand bewegen. Sie sind teuerer, schwerer und erweisen sich komplexer in der Anwendung als passive Exoskelette. 
  • Zwischenformen wie hybride oder semiaktive Systeme sowie Systeme für die Verbesserung der Mobilität bei Gesundheitsproblemen (Lähmungen, etc.).

Exoskelette lassen sich weiter unterscheiden nach den Körperregionen, die sie unterstützen. Während Teil-Exoskelette nur bestimmte Körperarten wie den Rücken, die oberen oder die unteren Extremitäten unterstützen, wird bei Voll-Exoskeletten der gesamte Körper unterstützt. 

 Bisherige Erfahrungen 

Gute Erfahrungen mit Exoskeletten konnten bei Tätigkeiten in Zwangshaltungen gemacht werden, vor allem bei länger andauernden Tätigkeiten über Schultern und Kopf oder in vorgebeugter Haltung. Zudem können Exoskelette zur Entlastung des unteren Rückens bei Hebetätigkeiten, insbesondere mit Körpervorbeugung, entlastend wirken. Tendenziell ist der Nutzen für statische Haltungsarbeit im Vergleich zu dynamischen Umsetzvorgängen grösser. 

Studien zufolge zeigen sich bei einem Grossteil der Mitarbeitenden deutliche Reduktionen der Belastungen in den direkt unterstützten Körperregionen. Die benötigte Muskelaktivität sinkt und die die Testpersonen werden daher weniger schnell müde. Es gibt aber auch Studien, welche die empfundenen Entlastungen nicht durch Messungen objektivieren konnten. Weiter wurden die vielen Studien nur mit gesunden, jungen Männern im Labor umgesetzt. Es bestehen auch keine Belege für eine Symptomlinderung bei Beschäftigten mit bestehenden muskuloskelettalen Beschwerden. 

Exoskelette können auch unerwünschte Nebenwirkungen haben. Thermischer Diskomfort ist bei längerer Nutzung an einem Arbeitstag vermehrt zu erwarten. Es gibt Hinweise dafür, dass die erhöhten Belastungen in Körperregionen, in welche die Kräfte umgeleitet werden, zu Beschwerden führen können. Auch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und daraus resultierende ungünstige Ausweichbewegungen und -haltungen sind möglich. 

Druckstellen an den Auflageflächen sind bei Exoskeletten häufig. Nicht ausreichend angepasste Exoskelette können auch zu Reibung und Einschränkungen in der zu ungünstigen Arbeitsbewegungen und -haltungen führen. Es besteht die Befürchtung, dass die Muskelkraft zurückgeht. 

Dann könnte das Tragen eines Exoskelettes die Nutzenden in falscher Sicherheit wiegen: sie hantieren dadurch grössere Gewichte als zuvor, machen weniger Pausen, etc. 

Wie Vorgehen bei der Evaluation von Exoskeletten 

Vorschläge für Einführungsprozesse und vorgängige Gefährdungsbeurteilungen sind in einschlägigen Wegweisern enthalten, z.B. «Quick-Check zur industriellen Potenzialbestimmung» in Exoskelette in Produktion und Logistik, Frauenhofer Austria, 2020. 

Bestehen hohe Belastungen bei einer Tätigkeit oder sind Beschwerden am Bewegungsapparat gehäuft, so muss auch hier entsprechend dem sogenannten STOP Prinzip vorgegangen werden: 

  1. Substitution: Wo möglich sind die Belastungen zu eliminieren, z.B. mittels Automation.
  2. Technische Massnahmen: Exoskelette sollten nicht an stationären Arbeitsplätzen eingesetzt werden, da diese ergonomisch zu gestalten sind.
  3. Organisatorische Massnahmen: sind die obigen Ansätze nicht umsetzbar, kann z.B. mittels Jobrotation die Belastungszeit reduziert werden.
  4. Personenbezogene Massnahmen: Exoskelette eignen sich jeweils dort, wo die ersten drei Massnahmen nicht umgesetzt werden können oder eine ungenügende Belastungsreduktion erfolgte. Dies betrifft z.B. mobile Arbeitsplätze, wie Leiferdienste. 
Ist ein potenzieller Nutzen vorhanden, so müssen nun die Anforderungen an das Exoskelett festgelegt werden. Aspekte sind die Unterstützungsleistung, der unterstützte Körperbereich, die Bedürfnisse der Nutzer, etc. 

Sind ein oder mehrere entsprechende Modelle vorhanden, erfolgen der Praxistest und die Evaluation. Dabei muss unbedingt die Partizipation sichergestellt werden. Zu vermeiden sind Nachbefragungen der Testpersonen im Sinne von «Finden sie den Typ A besser als der Typ B»? Es soll hier der konkrete Nutzen bezüglich der zuvor festgelegten Anforderungen überprüft und bewertet werden. Zudem sind ein guter Komfort und eine einfache Bedienbarkeit zentral für die Akzeptanz durch die Nutzer:innen.