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Konfliktklärung in einer Case-Management-Begleitung

Unterschiedliche Vorstellungen einen Wiedereinstieg betreffend, können diesen vereiteln. Die Analyse (und Bearbeitung) eines Konflikts kann helfen, einen gemeinsamen Weg zu finden. So kann der Wiedereinstieg gesundheitsfördernd und nachhaltig gestaltet werden.

Was ist überhaupt ein Konflikt?

Gemäss F. Glasl (1997) ist ein Konflikt «eine Spannungssituation, in den zwei oder mehrere Parteien, die voneinander abhängig sind, mit Nachdruck versuchen, scheinbare oder tatsächlich unvereinbare Handlungspläne zu verwirklichen und sich dabei ihrer Gegnerschaft bewusst sind». Solche Spannungssituationen sind im beruflichen Alltag gang und gäbe. Für die Weiterentwicklung von
Organisationen sind ja unterschiedlichen Meinungen wichtig.

Wann sind aber Konflikte lähmend, ja sogar kostspielig für ein Unternehmen?

Die Antwort ist ebenso banal wie schwierig in ihrer Umsetzung. Konflikte werden als störend, destruktiv und schmerzvoll erlebt, wenn sie nicht angesprochen und bearbeitet werden.
Ungelöste Konflikte haben ihren Ursprung oft in harmlosen Missverständnissen oder Meinungsverschiedenheiten. Werden sie nicht angegangen, d.h. angesprochen, kann es eine Eskalation geben, die nicht selten die bisher gute Beziehung zwischen den Parteien vergiftet.

Ungeklärte Konflikte können von ineffizienter Arbeitsweise bis zu Arbeitsunfähigkeiten führen. Für Unternehmen ist dies eine kostspielige Angelegenheit.

Die Grafik zeigt die Eskalationsstufen nach Glasl auf. In den Stufen 1 bis 3 kann mittels eines Gesprächs durch den Vorgesetzten die Situation noch deeskaliert werden.

Hierbei geht es vor allen Dingen darum, Missinterpretationen aufzuzeigen, ohne dass eine Partei ihr Gesicht verliert.

Welche Strategien gibt es, um Konflikte zu lösen?

Rahm (2010) unterscheidet 5 verschiedene Konfliktmanagement-Stile: vermeiden, durchsetzen, Kompromiss, nachgeben und integrieren. Dabei sei es wichtig, dass wir alle Varianten beherrschen und im richtigen Moment anzuwenden vermögen. Meist benutzen wir nur ein oder zwei dieser Strategien. Häufig hatten wir in früheren Situationen Erfolg mit diesen Strategien und wenden diese deshalb immer wieder an. Es lohnt sich, sich mal bewusst auch die anderen anzuschauen und bei einer nächsten Spannungssituation auszuprobieren. Je mehr Strategien wir beherrschen, desto virtuoser können wir in Konfliktsituationen agieren. Ein Wort noch zum «Integrieren». Integrieren meint, gemeinsam eine von beiden Parteien noch nicht vorgeschlagene Lösung zu finden. Dabei haben beide mehr Nutzen als beim (manchmal faulen) Kompromiss: Beim «Integrieren» müssen beide Parteien ein wenig von ihrer ursprünglichen Lösung abweichen, um einen Kompromiss zu erzielen. Aber beim Integrieren sind beide vollumfänglich einverstanden mit der neuen, gemeinsam erarbeiteten Lösung.

Eine sehr anschauliche Variante bietet Thomann/Prior in «Klärungshilfe 3» (siehe Grafik) an: Es gebe zwei gute Optionen, um einen Konflikt zu bearbeiten, resp. eine Schlangengrube zu überwinden. Zum einen den Bau einer «Notbrücke», die den Vorteil hat, dass die Verständigung trotz Kränkungen etabliert werden kann. Der Nachteil ist, dass die Notbrücke mitunter sehr fragil ist und ständig einzustürzen droht. Das heisst, ein Klärungshelfer (z.B. Vorgesetzter) sollte sich Zeit für diesen Prozess nehmen. Die zweite Option besteht darin, die «Schlangengrube negativer Gefühle zu durchqueren». Diesen Weg durch die Schlangengrube sollte von einem geschulten Klärungshelfer begleitet werden.



Thomann Ch./Prior Ch. 5. Auflage (2019)

Kommen wir jetzt zu einem Beispiel aus der Praxis:

Ausgangslage: Rundtischgespräch (per Video) um den Wiedereinstieg einer Lehrperson zu besprechen. Teilnehmende waren die Klientin, der Facharzt, der Schulleiter und die Case Managerin. Die Klientin war nach einem Klinikaufenthalt gestärkt und bereit für den Wiedereinstieg.

Der Facharzt eröffnete das Gespräch mit dem Bericht der gesundheitlichen Situation: Die Klientin habe sich gut erholt und freue sich auf den Wiedereinstieg. Der Schulleiter unterbrach den Facharzt mit der Aussage, dass ein Wiedereinstieg an die angestammte Klasse für ihn nicht in Frage käme. Die Klientin habe in der Vergangenheit auch des Öfteren ihre Rückkehr angekündigt und diese konnte dann nicht umgesetzt werden. Er sähe nur den Wiedereinstieg als Klassen-Assistenz. So könne sich die Klientin beweisen. Die Klientin bricht in Tränen aus und die Case Managerin vertagt das Rundtischgespräch.

Was ist hier geschehen?

In einem anschliessenden Coaching-Gespräch mit dem Schulleiter erfährt die Case Managerin, dass dieses Videogespräch das 5. seiner Art an diesem Tag für den Schulleiter war. Er wollte «vorwärts machen». Die Lösung als Klassen-Assistenz gäbe ihm auch die Gelegenheit eine versierte Lehrperson als Stellvertretung für die Klientin anzustellen. Er werde am selben Abend noch den Vertrag unterzeichnen. Daraufhin hat die Case Managerin ein Gespräch mit der Klientin und dem Facharzt geführt. Sie hat in diesem Gespräch sachlich die Argumente des Schulleiters wiedergegeben. Durch die Trennung der Parteien konnten beiden Seiten – ohne Gesichtsverlust – ihre Standpunkte darlegen. Es stand ausser Frage, dass das WIE der Kommunikation nicht förderlich für den Prozess war, aber über das WAS konnte eine Einigung erzielt werden. Die Klientin konnte die Vorteile – weniger Vorbereitungszeit – dieser Lösung erkennen und in 6 Monaten wird die Lage neu beurteilt werden.