Psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz
Risiken früh erkennen heisst das Ziel. Ein Interview des Hotellerie Gastronomie Magazins mit Dr. Harald Gruber (AEH), der sich seit Jahren mit der Thematik beschäftigt, gibt Aufschluss.
Harald Gruber, wie sieht das Risiko aus?
Gruber: Die psychosozialen Risiken stehen in direktem Zusammenhang mit einer unzureichend gestalteten Arbeit. Hohe Arbeitsanforderungen, geringer Gestaltungsspielraum, fehlende soziale Unterstützung oder Würdigung, emotionale Beanspruchung, Diskriminierung oder Gewalt und lange Arbeitszeiten sind gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und Ursachen für psychische Erkrankungen. Emotionale Beanspruchung, fehlende soziale Unterstützung und Stress führen häufig zu einer emotionalen Erschöpfung und vergrössern das Risiko eines Burnouts.
Ab wann muss eine Arbeitssituation als belastend eingestuft werden?
Gruber: Stress ist dann ungesund, wenn man ihn als subjektiv belastend empfindet. Jeder Mensch hat seine eigene Bewältigungsstrategie im Umgang mit psychischen Belastungen. Kann man die Anforderungen der Arbeit auf Grund des eigenen Leistungsvermögens und der Mittel, die zur Verfügung stehen, nicht mehr bewältigen, wird Druck aufgebaut und es kommt zu Stressempfinden. Schlafstörungen, Konzentrationsmängel und die Einnahme von Beruhigungs- oder Aufputschmitteln, einschliesslich einem erhöhten Alkoholgenuss. Alles Anzeichen, die man selber wahrnehmen kann.
Was soll man tun, wenn man bei sich diese Symptome feststellt?
Gruber: Noch bevor es überhaupt so weit kommen kann, sollte man lernen, die Verwundbarkeit in Stresssituationen und Krisen zu reduzieren. Oft werden hier sieben Faktoren genannt, um die eigene Stärke zu finden und Veränderungen besser zu bewältigen: Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, das Verlassen der Opferrolle, das Übernehmen von Verantwortung, Netzwerkorientierung und Zukunftsplanung. Stellt man bei sich selbst Symptome wie Konzentrationsschwäche, nachlassende Motivation, Schlafstörungen oder Depressionen fest, ist es wichtig, dass man darüber spricht und sich jemandem anvertraut.
Wie erkennt man, ob ein Mitarbeiter gefährdet ist?
Gruber: Erschöpfung, Konzentrationsschwäche, Anspannung, Konflikte, zunehmende Gewalt, nachlassende Arbeitsmotivation und Suchtverhalten sind Anzeichen, die aufzeigen, dass Mitarbeitende am Limit laufen. Dann kommt es natürlich auch zu vermehrten Fehlzeiten und Krankschreibungen der betreffenden Personen.
Wie soll man als Vorgesetzter vorgehen, wenn man bei einem Mitarbeitenden solche Verhaltensweisen feststellt, die auf eine psychische Belastung schliessen lassen?
Gruber: Die «Erste Hilfe», also ein klärendes Gespräch, in dem auf die Probleme eingegangen wird, bringt oftmals schon gute Ergebnisse. Denn wenn das soziale Klima im Betrieb stimmt, werden auch psychosoziale Probleme offen angesprochen und es wird gemeinsam nach Lösungen gesucht.
Wie kann man ein Klima schaffen, wo solche Themen Platz haben?
Gruber: Die sozialen Bedingungen werden geprägt durch den Führungsstil, das Gruppenverhalten, die Kooperation und Kommunikation. Sind diese richtig gestaltet, wird auch über Versagensängste und Überforderung gesprochen. So ist gerade für Vorgesetzte entscheidend, dass sie sich als Führungspersönlichkeiten auszeichnen. Mitarbeiterbeteiligte Führungskompetenz, psychische Stabilität in unterschiedlichen Situationen, Sensibilität für soziale Spannungen und Kompetenzen beim Ansprechen und Lösen von Konflikten machen Führungspersönlichkeiten aus und sind für ein gutes soziales Klima wichtig.
In welcher Situation sollte zwingend professionelle Hilfe beigezogen werden?
Gruber: Von den Vorgesetzten wird nicht erwartet, dass sie in jedem Fall in der Lage sind, Hilfestellungen zu leisten. Dies können häufig nur dafür ausgebildete Experten. Der Vorgesetzten sollte die Anzeichen für eine psychische Erkrankung und die damit einhergehende drohende Arbeitsunfähigkeit jedoch erkennen. Vorbeugen ist besser als heilen.
Was empfehlen Sie einem Betrieb als Präventionsstrategie?
Gruber: Wichtig ist, dass den Führungskräften und Mitarbeitenden die Angst im Umgang mit psychosozialen Risiken genommen wird. Das AEH Zürich hat ein Instrumentarium entwickelt. Dieses ist dreistufig und befähigt Arbeitgeber, die psychosozialen Risiken in ihren Betrieben in den Griff zu bekommen. Die psychosozialen Risiken werden anhand von Checklisten ermittelt. Treten Kurzzeitfolgen wie Stress auf, können die Ursachen dafür ermittelt werden. Erst in einem weiteren Schritt müssen Fachpersonen einbezogen werden. Es ist unbestritten, dass die Vorgesetzten viel zur Reduzierung der psychosozialen Risiken beitragen können.
Gerne können Sie hier das vollständige Interview lesen, das im Hotellerie Gastronomie Magazin, Ausgabe 2/2015 erschienen ist.
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