Mutterschutz
Das Thema Mutterschutz wirft bei allen Beteiligten immer noch viele Fragen auf. Unsere Stage Veranstaltung vom 9. November war entsprechend innerhalb kürzester Zeit ausge-bucht. Gerne nehmen wir das Thema daher im Newsletter auf und versuchen die wichtigsten Aspekte in diesem Beitrag zu beleuchten.
Mutterschutz bezweckt den Schutz schwangerer und stillender Frauen und ihres Kindes. Die minimalen Schutzregeln dazu sind im Arbeitsgesetz und den entsprechenden Verordnungen geregelt. Dabei kommen verschiedenen Akteuren wichtige Rollen zu:
Arbeitgeber
Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass durch die Arbeit keine Gefährdungen für Mutter und Kind entstehen. Insbesondere ist er verpflichtet, die Risiken am Arbeitsplatz zu ermitteln und diese den weiblichen Angestellten zu kommunizieren. Bei einer Schwangerschaft ist diese Risikobeurteilung mit der Schwangeren durchzugehen und allfällige Massnahmen zum Schutz der Betroffenen sind festzulegen und in der Risikobeurteilung festzuhalten. Der Arbeitgeber kontrolliert regelmässig, ob die Schutzmassnahmen zur notwendigen Risikoreduktion führen. Zusätzlich hat der Arbeitgeber auf die Situation der Frau Rücksicht zu nehmen und die Regeln einzuhalten, wie z.B. den Kündigungsschutz. Kann der Arbeitgeber nicht für einen risikofreien Arbeitsplatz sorgen, so kommt es zu einer Freistellung und er hat 80% des Salärs weiter zu bezahlen.
Der Arbeitgeber wird durch die ASA-Spezialisten des Betriebes oder der Branchen-, Betriebs- oder Modelllösung, welcher die Betrieb angeschlossen sind, bei der Erstellung dieser Risikobeurteilung unterstützt.
Gynäkologin / behandelnder Arzt
Die behandelnde Ärztin überprüft im Rahmen der Schwangerschaftskontrollen anhand der Risikobeurteilung, ob die verbleibenden Risiken vertretbar sind und die Schwangere die Arbeiten sicher ausführen kann. Falls zu hohe Risiken vorkommen oder keine Risikobeurteilung vorliegt, kann sie ein Beschäftigungsverbot für die Schwangere aussprechen. Bei einer Nichteignung ist, anders als bei einer Komplikation, welche zu einer Krankschreibung führt, der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet.
Schwangere
Eine Schwangere gilt grundsätzlich als arbeitsfähig, ausser sie ist krank oder das ungeborene Kind oder sie selbst ist durch die Arbeit gefährdet. Allerdings gibt es verschiedene Veränderungen durch die Schwangerschaft. Der Körper verändert sich in der Schwangerschaft stark, z.B. durch:
- Gewichtszunahme von 10 – 15 kg
- Körperschwerpunkt wandert nach vorne
- Herzfrequenz steigt um bis zu 25%
- Atemfrequenz steigt um bis zu 20%
- Körpereigene Immunabwehr sinkt
- Progesteron lockert die Bänder, welche die Gelenke stabilisieren
Aufgrund der Veränderungen ist die Leistungsfähigkeit eingeschränkt und die Mitarbeitende geniesst einen Sonderschutz, welcher gesetzlich geregelt ist.
Krankentaggeldversicherung
Die Krankentaggeldversicherung kann involviert sein, wenn es während der Schwangerschaft zu Komplikationen kommt. Diese können zu einer Krankschreibung durch die behandelnden Ärztinnen führen. Bei einer entsprechenden Krankschreibung steht die Krankentaggeldversicherung in der Zahlungspflicht.
Kontrollorgan
Das kantonale Arbeitsinspektorat kontrolliert die Einhaltung des Arbeitsgesetzes und ist bei Fragen und Unklarheiten die zuständige Behörde.
Durchführung der Risikobeurteilung Mutterschutz
Führt eine schwangere oder stillende Frau potenziell gefährliche oder beschwerliche Arbeiten aus, muss der Arbeitgeber gemäss Mutterschutzverordnung eine Risikobeurteilung vornehmen. Diese muss durch eine fachlich kompetente Person erfolgen (Art. 63 ArGV 1). Dazu muss der Arbeitgeber Arbeitsmedizinerinnen bzw. Arbeitsmediziner, Arbeitshygienikerinnen bzw. Arbeitshygieniker sowie weitere Fachspezialistinnen bzw. Fachspezialisten beiziehen, die über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen zur Durchführung einer Risikobeurteilung verfügen. Die Risikobeurteilung muss aufzeigen:
- welche Gefahren für eine werdende Mutter bestehen;
- wie Risiken vermieden werden können;
- welche Arbeiten während der Schwangerschaft und Stillzeit verboten sind.
Im Rahmen von überbetrieblichen ASA-Lösungen werden durch die ASA-Spezialisten entsprechende Risikobeurteilungen erstellt, mit denen bei einem typischen Betrieb durch die KOPAS / HR Spezialisten nach einer entsprechenden Instruktion mit der Betroffenen und ihrer Vorgesetzten die Risikobeurteilung für den individuellen Fall angepasst und die notwendigen Schutzmassnahmen abgeleitet werden können.
Besondere Risiken für Schwangere und Stillende
In Bereichen mit beschwerlichen und gefährlichen Arbeiten ist eine detaillierte Risikobeurteilung notwendig. Dazu zählen:
- Regelmässiges Versetzen von Lasten, die schwerer als 5kg sind, oder gelegentliches Versetzen von mehr als 10kg
- Bewegungen und Körperhaltungen, die zu vorzeitiger Ermüdung führen
- Arbeiten, die verbunden sind mit Einwirkungen von:
- Stössen, Erschütterungen oder Vibrationen
- Hitze (über 28°C), Kälte (unter –5°C) und starker Nässe
- schädlichen Strahlen (ionisierende oder nicht ionisierende)
- schädlichen Stoffen (z. B. Chemikalien)
- Mikroorganismen
- Lärm (≥ 85 dB (A))
- Schicht- und Nachtarbeit
Verboten sind:
- Taktgebundene Arbeit oder Akkordarbeit
- Arbeiten bei Überdruck (Druckkammern, Taucharbeiten)
- Betreten von sauerstoffreduzierter Atmosphäre
Wichtige Schutzregeln (Quelle Seco)
Ab Beginn der Schwangerschaft bis 16 Wochen nach der Geburt:
- Die tägliche Arbeitszeit muss der im Arbeitsvertrag vereinbarten Dauer entsprechen, darf aber 9 Stunden nicht überschreiten; es darf keine Überzeit angeordnet werden.
- Schwangere dürfen auf blosse Anzeige hin von der Arbeit fernbleiben oder die Arbeit verlassen.
- Falls die Arbeitnehmerin zwischen 20:00 und 06:00 Uhr arbeitet, muss nach Möglichkeit eine gleichwertige Ersatzarbeit zwischen 06:00 und 20:00 Uhr angeboten werden.
- Es besteht ein Kündigungsverbot des Arbeitgebers während der ganzen Schwangerschaft bis 16 Wochen nach der Geburt.
- Lohnfortzahlung: Wenn die schwangere Arbeitnehmerin aus gesundheitlichen Gründen an der Arbeit verhindert ist, die mit ihrem Zustand zusammenhängen, ist dafür ein ärztliches Zeugnis notwendig. Wenn nichts vertraglich vereinbart ist, gilt die gesetzliche Lohnfortzahlungsdauer (Berner, Zürcher oder Basler Skala).
Ab dem 4. Schwangerschaftsmonat bis zur Geburt:
- Bei hauptsächlich stehender/gehender Tätigkeit hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf eine tägliche Ruhezeit von 12 Stunden sowie zusätzliche bezahlte Pausen von 10 Minuten alle 2 Stunden.
Ab dem 6. Schwangerschaftsmonat bis zur Geburt:
- Hauptsächlich stehende/gehende Tätigkeiten sind auf insgesamt 4 Stunden pro Tag zu beschränken. Die darüberhinausgehende Arbeitsdauer ist sitzend zu erledigen. Ist dies nicht möglich, hat die schwangere Frau für diese Zeit Anrecht auf den Lohn im Umfang von 80 %.
8 Wochen vor der Geburt:
- Zwischen 20.00 und 06.00 Uhr besteht ein Arbeitsverbot. Kann keine gleichwertige Ersatzarbeit zwischen 06:00 und 20:00 Uhr angeboten werden, hat sie dennoch Anrecht auf den Lohn im Umfang von 80 %.
Nach der Geburt:
- Es besteht ein Arbeitsverbot von 8 Wochen, danach darf die Frau bis zur 16. Woche nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden. Dabei ist zu beachten, dass jegliches Arbeiten während des Mutterschaftsurlaubes von 14 Wochen den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung erlöschen lässt.
- Stillenden Müttern sind die Zeiten freizugeben, die für das Stillen oder das Abpumpen von Milch erforderlich sind. Wenn im Betrieb gestillt wird, muss der Arbeitgeber einen geeigneten Ort zur Verfügung stellen.
- Bezahlte Stillzeiten: Im ersten Lebensjahr des Kindes wird ein Teil der Stillzeit als bezahlte Arbeitszeit angerechnet:
- bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden: mindestens 30 Minuten;
- bei einer täglichen Arbeitszeit von 4 bis zu 7 Stunden: mindestens 60 Minuten;
- bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden: mindestens 90 Minuten
FAQ Seco
Autor: Andreas Martens, Geschäftsführer von AEH